Die Pflegeversicherung wurde am 01. Januar 1995 als eigenständige fünfte Säule der Sozialversicherung eingeführt. Es gilt eine umfassende Versicherungspflicht für alle gesetzlichen und privaten Versicherten. Alle, die gesetzlich krankenversichert sind, sind automatisch in der sozialen Pflegeversicherung versichert. Private Krankenversicherte müssen eine private Pflegeversicherung abschließen.
Die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung werden durch Beiträge finanziert, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber größtenteils paritätisch entrichten. Wann Pflegebedürftige Leistungen aus der Versicherung bekommen und welche Leistungen das sind, hängt von der Dauer der Pflegebedürftigkeit, vom Pflegegrad und von der Art der Pflege ab.
Zurzeit sind rund 1,4 Millionen Menschen leistungsberechtigt und nehmen die Pflegeversicherung in Anspruch. Die meisten Leistungsempfänger, rund 3,3 Millionen, erhalten ambulante Leistungen. Stationär gepflegt werden rund 818.000 Menschen (Stand Ende 2020)
Wer in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, gehört automatisch der sozialen Pflegeversicherung an. Ein gesonderter Antrag auf Aufnahme in die soziale Pflegeversicherung muss nicht gestellt werden. Unterhaltsberechtigte Kinder, Ehegatten und Ehegatten sowie eingetragene Lebenspartner, deren regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen nicht höher ist als 470 € bzw. 450 € bei geringfügig Beschäftigten, sind im Rahmen der Familienversicherung mitversichert.
Auch für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte besteht eine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung. Sie können sich jedoch von dieser Pflicht befreien lassen. In einer privaten Krankenversicherung Versicherte müssen auch eine private Pflege-Pflichtversicherung (PPV) abschließen. Die Leistungen sind in der sozialen Pflegeversicherung gleichwertig.
Der Beitragssatz liegt seit dem 1. Januar 2019 bei 3,05 % des Bruttoeinkommens, bei Kinderlosen bei 3,3 %.
Grundsätzlich ist eine Pflegebedürftigkeit im Sinne des Gesetzes dann gegeben, wenn die gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeit eingeschränkt sind und man deshalb der Hilfe durch andere bedarf. Das sind Personen, die körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer (mind. 6 Monate) und mit mindestens der in § 15 SGB XI festgelegten Schwere bestehen.
Um Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen zu können, muss ein Antrag bei der Pflegekasse gestellt werden. Die Antragstellung kann aber auch von Familienangehörigen, Nachbarn oder guten Bekannten erfolgen, wenn diese entsprechend bevollmächtigt sind. Sobald der Antrag bei der Pflegekasse gestellt wird, beauftragt diese den medizinischen Dienst der Krankenversicherung mit der Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit. Privatversicherte stellen einen Antrag bei ihrem privaten Versicherungsunternehmer. Die Begutachtung erfolgt dort durch den medizinischen Dienst Medicproof.
Die gesetzlich vorgegebene Bearbeitungsfrist für Anträge auf Pflegeleistungen beträgt 45 Arbeitstage. Beim Aufenthalt im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung ist die Begutachtung durch den MDK oder andere unabhängige Gutachter innerhalb einer Woche durchzuführen, wenn dies zur Sicherstellung der weiteren Versorgung erforderlich ist. Erteilt die Pflegekasse den schriftlichen Bescheid über den Antrag nicht innerhalb von 25 Arbeitstagen nach Eingang des Antrages oder werden die verkürzten Begutachtungsfrist nicht eingehalten, hat die Pflegekasse nach Fristablauf für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung 70 € an den Antragsteller zu zahlen. Dies gilt nicht, wenn die Pflegekasse die Verzögerung nicht zu vertreten hat oder wenn sich die Antragsteller in vollstationärer Pflege befinden und mindestens eine erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeit festgestellt wurden.
Weitere Voraussetzung für Leistungsansprüche ist die Vorversicherungszeit. Um Pflegeleistungen in Anspruch nehmen zu können, muss der Versicherte in den letzten zehn Jahren vor der Antragstellung zwei Jahre als Mitglied in der Pflegekasse eingezahlt haben oder familienversichert gewesen sein.
Die Pflegebedürftigkeit wird durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung, von anderen unabhängigen Gutachtern oder bei knappschaftlichen Versicherten durch den sozialmedizinischen Dienst beurteilt. Zur Begutachtung kommt der jeweilige Gutachter ausschließlich nach vorheriger Terminvereinbarung in die Wohnung oder die Pflegeeinrichtungen. Es gibt keine unangekündigten Besuche. Zum Termin sollten idealerweise auch die Angehörigen oder Betreuer/-innen des erkrankten Menschen, die ihn unterstützen, anwesend sein. Das Gespräch mit ihnen ergänzt das Bild, wie selbstständig der Antragsteller noch ist bzw. welche Beeinträchtigung vorliegen.
Zur Einschätzung der Pflegebedürftigkeit und Einstufung in einen Pflegegrad kommt ein Begutachtungsinstrument zum Einsatz, das von der individuellen Pflegesituation ausgeht. Es orientiert sich an Fragen wie: was kann der Pflegebedürftige im Alltag alleine leisten? Welche Fähigkeiten sind noch vorhanden? Wie selbstständig ist der Erkrankte?
Grundlage ist dabei ein Pflegebedürftigkeitsbegriff, der die individuellen Beeinträchtigungen in den Focus stellt - unabhängig davon, ob körperlich, geistig oder psychisch bedingt.
Um festzustellen, wie selbständig eine pflegebedürftige Person ist, werden folgende Lebensbereiche geprüft:
„Mobilität“ Der Gutachter schaut sich die körperliche Beweglichkeit an. Z.B. kann die betroffene Person alleine aufstehen, vom Bett ins Badezimmer gehen, selbständig in den eigenen vier Wänden sich bewegen, ist Treppensteigen möglich.
„Geistige und kommunikative Fähigkeiten“ z.B. reden und verstehen, kann sich die betroffene Person zeitlich und räumlich orientieren? Versteht sie Sachverhalte? Erkennt sie Risiken und kann sie Gespräche mit anderen Menschen folgen oder führen?
„Verhaltensweisen und psychische Problemlagen“. Hierunter fallen unter anderem Unruhe in der Nacht oder Ängste und Aggressionen, die für die pflegebedürftige Person, aber auch für ihre Angehörigen belastend sind. Auch wenn Abwehrreaktionen bei pflegerischen Maßnahmen bestehen, wird dies hier berücksichtigt.
“Selbstversorgung“. Kann der Antragsteller sich zum Beispiel eigenständig waschen und anziehen, kann er selbständig die Toilette aufsuchen sowie Essen und Trinken?
“Selbständiger Umgang mit Krankheit- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen - sowie deren Bewältigung“. Kann die betroffene Person zum Beispiel Medikamente selbst einnehmen, den Blutzucker eigenständig messen, mit Hilfsmitteln wie Prothesen und Rollator umgehen oder eine Ärztin bzw. einen Arzt aufsuchen?
sowie
„Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte“. Kann die betroffene Person zum Beispiel ihren Tagesablauf selbständig gestalten? Kann sie mit anderen Menschen im direkten Kontakt treten oder die Skatrunde ohne Hilfe besuchen?
1. Erfassung der Selbstständigkeit und der Fähigkeiten der Menschen in sechs Lebensbereichen
Modul 1 Modul 2 Modul 3 Modul 4 Modul 5 Modul 6
Punkte in Modul 1
Gewichtung 10%
Punkte in Modul 2
oder
Punkte in Modul 3
(Höherer Wert fließt ein)
Gewichtung: 15%
Punkte in Modul 4
Gewichtung: 40%
Punkte in Modul 5
Gewichtung 20%
Punkte in Modul 6
Gewichtung 15%
Pflegegrad 1: 12,5 – 26,5 Gesamtpunkte
Pflegegrad 2: 27 – 47 Gesamtpunkte
Pflegegrad 3: 47,5 – 69,5 Gesamtpunkte
Pflegegrad 4: 70 – 89,5 Gesamtpunkte
Pflegegrad 5: 90 - 100 Gesamtpunkte
Für jedes Kriterium in den einzelnen Modulen ermittelt der Gutachter den Grad der Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Personen anhand eines Punktewertes zwischen null (die Person kann Aktivitäten ohne eine helfende Person verrichten) und drei (die Person kann die Aktivität nicht eigenständig durchführen, auch nicht in Teilen).
So wird in jedem Bereich der Grad der Beeinträchtigung sichtbar. Am Ende fließen die Punkte mit unterschiedlicher Gewichtung zu einem Gesamtwert zusammen, der für einen der fünf Pflegegrade steht.
Zusätzlich bewerten die Gutachter die außerhäuslichen Aktivitäten und die Haushaltsführung. Die Antworten in diesem Bereich werden nicht für die Einstufung der Pflegebedürftigkeit herangezogen, weil die hierfür relevanten Beeinträchtigungen schon bei den Fragen zu den sechs Modulen mit berücksichtigt wurden. Zusätzlich wird geprüft, ob eine Indikation für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation besteht. Eine Rehabilitation kann angezeigt sein, um den Gesundheitszustand zu verbessern und die Pflegepflegebedürftigkeit hinauszuzögern oder auch zu vermeiden. Sie kann ebenfalls bei bereits vorliegender Pflegebedürftigkeit empfehlenswert sein, wenn die Möglichkeit besteht, dass sich die vorhandenen Beeinträchtigungen aufgrund der Durchführung der Rehamaßnahme verringert oder jedenfalls nicht verstärken.
Die fünf Pflegegrade ermöglichen es, Art und Schwere der jeweiligen Beeinträchtigung unabhängig davon, ob diese körperlich, geistig oder psychisch bedingt sind, zu erfassen. Die Pflege und damit auch der Umfang der Leistung der Pflegeversicherung orientieren sich somit an der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person. Die 5 Pflegegrade sind abgestuft: von geringen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeit (Pflegegrad 1) bis zur schwersten Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten, die mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung einhergehen (Pflegegrad 5 )
Die Pflegebedürftigen haben die Wahl. Sie können sich für Pflegesachleistungen entscheiden, das sind z.B. Pflegeeinsätze zugelassener ambulanter Pflegedienste, die von der Pflegekasse bis zu bestimmten Höchstgrenzen bezahlt werden, oder Geldleistungen wie das Pflegegeld in Anspruch nehmen.
Zudem besteht die Möglichkeit, im Wege der Kostenerstattung nach jeweiligem Landesrecht anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag zu nutzen.
Der ambulante Pflegedienst unterstützt Pflegebedürftige bei der Pflege zu Hause. Er bietet Familien Unterstützung und Hilfe im Alltag, damit pflegende Angehörige zum Beispiel Beruf und Pflege sowie Betreuung besser organisieren können.
z.B.
- körperbezogene Pflegemaßnahmen
- pflegerische Betreuungsmaßnahmen
- häusliche Krankenpflege, zum Beispiel Medikamentengabe, Verbandswechsel
- Beratung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen bei Fragestellungen
- Hilfe bei der Haushaltsführung
Die Pflegeversicherung übernimmt für Pflegebedürftige mit mindestens Pflegegrad 2 als ambulante Pflegesachleistungen die Kosten für die Inanspruchnahme eines Pflegedienstes für körperbezogene Pflegemaßnahmen, pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung bis zu einem gesetzlich vorgeschriebenen Höchstbetrag
Pflegebedürftigkeit
Leistungen
max. Leistungen pro Monat
Pflegegrad 1
*
Pflegegrad 2
689 Euro
Pflegegrad 3
1.298 Euro
Pflegegrad 4
1.612 Euro
Pflegegrad 5
1.995 Euro
* Pro Monat bis zu 125 Euro einsetzbarer Entlastungsbetrag
Darüber hinaus kann auch ein Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 € im Monat für Leistungen ambulanter Pflegedienste eingesetzt werden, um Unterstützung zu erhalten. In den Pflegegraden 2 - 5 darf der Entlastungsbetrag jedoch nicht für Leistungen im Bereich der körperbezogenen Selbstversorgung genutzt werden. In Pflegegrad 1 hingegen darf der Entlastungsbetrag auch für Leistungen ambulanter Pflegedienste im Bereich der Selbstversorgung verwendet werden.
Wahlmöglichkeiten: Pflegebedürftige haben Wahlmöglichkeiten bei der Gestaltung und Zusammenstellung des von Ihnen gewünschten Leistungsangebotes in der häuslichen Pflege. Sie sind vom Pflegedienst vor Vertragsschluss und zeitnah nach jeder wesentlichen Veränderung durch einen Kostenvoranschlag über die voraussichtlichen Kosten ihrer konkret beabsichtigten Leistungsinanspruchnahme zu informieren. Dadurch bleibt die Gestaltungsmöglichkeit mit der damit verbundenen Kostenfolge für die Pflegebedürftigen im Rahmen des jeweiligen Pflegearrangements transparent und nachvollziehbar.
Sollte der Leistungsbetrag für ambulante Pflegesachleistungen nicht oder nicht voll für den Bezug ambulanter Sachleistung ausgeschöpft werden, kann der nicht verbrauchte Betrag auch verwendet werden, um eine zusätzliche Kostenerstattung für Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag zu beantragen.
Soweit Pflegebedürftige selbst darüber entscheiden können, wie und von wem sie gepflegt werden, unterstützt die Pflegeversicherung deshalb auch die Möglichkeit, wenn sich Betroffene dafür entscheiden, statt von einem ambulanten Pflegedienst von Angehörigen, Freunden oder anderen ehrenamtlich Tätigen versorgt zu werden. Hierzu zahlt die Pflegeversicherung das Pflegegeld.
Voraussetzung für den Bezug ist, dass die häusliche Pflege selbst sichergestellt ist, zum Beispiel durch Angehörige oder andere ehrenamtlich tätige Pflegepersonen und mindestens Pflegegrad 2 vorliegt. Das Pflegegeld wird der pflegebedürftigen Person von der Pflegekasse überwiesen. Diese kann über die Verwendung frei verfügen.
Das Pflegegeld kann auch mit ambulanten Pflegesachleistungen kombiniert werden.
Pflegebedürftigkeit
Leistungen pro Monat
Um eine optimale, auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmte Pflege zu gewährleisten, ist es möglich, den Bezug von Pflegegeld mit der Inanspruchnahme von ambulanten Pflegesachleistungen zu kombinieren. Das Pflegegeld vermindert sich in diesem Falle anteilig im Verhältnis zum Wert der in Anspruch genommenen ambulanten Sachleistungen.
Macht die private Pflegeperson Urlaub oder ist sie durch Krankheit oder anderen Gründen vorübergehend an der Pflege gehindert, übernimmt die Pflegeversicherung für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 - 5 die nachgewiesenen Kosten einer notwendigen Ersatzpflege, der sogenannten Verhinderungspflege, für längstens sechs Wochen im Kalenderjahr. Die Ersatzpflege kann durch einen ambulanten Pflegedienst, durch Einzelpersonen, ehrenamtlich Pflegende aber auch durch nahe Angehörige erfolgen. Die Leistungen für die Verhinderungspflege können auch in Anspruch genommen werden, wenn die Ersatzpflege in einer Einrichtung stattfindet. Ein Anspruch auf Verhinderungspflege besteht jedoch erst, nachdem die Pflegeperson die Pflegebedürftige bzw. den Pflegebedürftigen mindestens sechs Monate in ihrer häuslichen Umgebung gepflegt hat. Die Verhinderungspflege kann auch stundenweise in Anspruch genommen werden.
Wird die Verhinderungspflege von Personen sichergestellt, die nicht mit der pflegebedürftigen Person bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert sind und nicht mit der pflegebedürftigen Person in häuslicher Gemeinschaft leben, beläuft sich die Leistung auf bis zu 1.612 €/Kalenderjahr. Wird die Ersatzpflege durch nahe Angehörige oder Personen, die mit der Pflege pflegebedürftigen Person in häuslicher Gemeinschaft leben, nicht erwerbsmäßig sichergestellt, dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse grundsätzlich den 1,5fachen Betrag des Pflegegeldes des festgestellten Pflegegrades nicht überschreiten.
Ergänzend zum Leistungsbetrag für die Verhinderungspflege können bis zu 50 % des Leistungsbetrages für die Kurzzeitpflege (das sind bis zu 806 € im Kalenderjahr) für die Verhinderungspflege genutzt werden. Der für die Verhinderungspflege in Anspruch genommene Erhöhungsbetrag wird auf den Leistungsbetrag für eine Kurzzeitpflege angerechnet. Damit stehen bis zu 2.418 €/Kalenderjahr für die Verhinderungspflege zur Verfügung.
Dabei wird während der Verhinderungspflege weiterhin das Pflegegeld gezahlt bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr und die Hälfte des bisher bezogenen (anteiligen) Pflegegeldes.
Zurückkommend auf den Entlastungsbetrag haben Pflegebedürftige in häuslicher Pflege Anspruch auf ein Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 € monatlich (insgesamt 1.500 €/Jahr).
Das gilt auch für Pflegebedürftige des Pflegegrades I. Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger.
Der Entlastungsbetrag dient der Erstattung von Aufwendungen, die der Pflegebedürftige im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von:
• Leistungen der Tages- oder Nachtpflege
• Leistungen der Kurzzeitpflege
• Leistungen der zugelassenen Pflegedienste
• Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag entstehen.
Bei den Leistungen der ambulanten Pflegedienste, für die der Entlastungsbetrag eingesetzt wird, handelt es sich insbesondere um pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie auch um Hilfen bei Haushaltsführung.
Angebote zur Unterstützung im Alltag tragen dazu bei, Pflegepersonen zu entlasten und sie helfen Pflegebedürftigen, möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung zu bleiben, soziale Kontakte aufrecht zu erhalten und ihren Alltag weiterhin möglichst selbständig zu bewältigen. Dies kann im Einzelnen sein:
- Angebote, in denen besondere ehrenamtliche Helferinnen unter pflegefachlicher Anleitung die Betreuung von Pflegebedürftigen mit allgemeinem oder mit besonderem Betreuungsbedarf in Gruppen oder im häuslichen Bereich übernehmen;
- Angebote, die der gezielten Entlastung und beratenden Unterstützung von pflegenden Angehörigen dienen;
- Angebote, die dazu dienen, die Pflegebedürftigen bei der Bewältigung von allgemein oder pflegebedingten Anforderungen des Alltags oder im Haushalt, insbesondere bei der Haushaltsführung zu unterstützen.
Die Angebote benötigen eine Anerkennung durch die zuständige Landesbehörde nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechtes.
Darunter fallen Geräte und Sachmittel, die zur häuslichen Pflege notwendig sind, diese erleichtern oder dazu beitragen, dem Pflegebedürftigen eine selbständige Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird unterschieden zwischen technischen Pflegehilfsmitteln wie zum Beispiel einem Pflegebett und Verbrauchsprodukten, wie zum Beispiel Einmalhandschuhe oder Betteinlagen.
Pflegebedürftige aller Pflegegerade können Pflegehilfsmittel beantragen, wenn diese dazu beitragen, die Pflege zu erleichtern, Beschwerden zu lindern oder eine selbständige Lebensführung zu ermöglichen. Die Kosten werden von der Pflegeversicherung übernommen, wenn keine Leistungsverpflichtung der Krankenkasse besteht. Das Pflegehilfsmittel-Verzeichnis der Pflegekassen gibt eine Orientierung, welche Pflegehilfsmittel im Rahmen der Pflegeversicherung zur Verfügung gestellt bzw. leihweise überlassen werden.
Zu den Kosten für technische Pflegehilfsmittel muss die pflegebedürftige Person einen Eigenanteil von 10%, maximal jedoch 25 € zu zahlen. Größere technische Pflegehilfsmittel werden oft leihweise überlassen, so dass eine Zuzahlung entfällt. Von den Kosten für Verbrauchsprodukte werden bis zu 40 €/Monat von der Pflegekasse erstattet.
Die Pflegekasse kann für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1-5 auf Antrag bis zu 4.000€ als Zuschuss für Anpassungsmaßnahmen zahlen. Diese sollen die häusliche Pflege in der Wohnung ermöglichen, erheblich erleichtern oder eine möglichst selbständige Lebensführung der pflegebedürftigen Person wiederherstellen. Ziel solcher Maßnahmen ist es auch, eine Überforderung der Pflegeperson zu verhindern.
Die Pflegekasse zahlt diesen Zuschuss zu verschiedenen Maßnahmen der Wohnungsanpassung. Einen Zuschuss gibt es für Maßnahmen, die mit wesentlichen Eingriffen in die Bausubstanz verbunden sein können, wie zum Beispiel Türverbreiterungen oder fest installierte Rampen und Treppenlifte, aber auch für den pflegegerechten Umbau des Badezimmers. Außerdem werden der Ein- und Umbau von Mobiliar, das entsprechend den Erfordernissen der Pflegesituation individuell hergestellt oder umgebaut werden muss, sowie der feste Einbau bestimmter technischer Hilfen finanziell unterstützt. Der Zuschuss zur Wohnraumanpassung kann auch ein zweites Mal gewährt werden, wenn die Pflegesituation sich so verändert hat, dass erneute Maßnahmen notwendig sind.
Als teilstationäre Versorgung wird die zeitweise Betreuung im Tagesverlauf in einer Pflegeeinrichtung bezeichnet. Teilstationäre Pflege kann als Tages- oder Nachtpflege konzipiert sein. Im Rahmen der Leistungshöchstbeträge übernimmt die Pflegekasse die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung und die Aufwendung für die in der Einrichtung notwendigen Leistungen der medizinischen Behandlungspflege.
Pflegebedürftigkeit
Leistungen
max. Leistungen pro Monat
* Pro Monat bis zu 125 Euro einsetzbarer Entlastungsbetrag
Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie gesondert berechenbare Investitionskosten müssen dagegen grundsätzlich privat getragen werden. Gewährt wird teilstationäre Pflege nur, wenn dies im Einzelfall erforderlich ist. Die Tagespflege wird in der Regel von Pflegebedürftigen in Anspruch genommen, deren Angehörige tagsüber berufstätig sind. Die Pflegebedürftigen werden meist morgens abgeholt und nachmittags nach Hause zurückgebracht.
Die Höhe der Leistungen hängt vom Pflegegrad ab. Der Anspruch gilt für Versicherte der Pflegegrade 2 - 5. Personen des Pflegegrad 1 können ihren Entlastungsbetrag einsetzen.
Die teilstationäre Pflege umfasst auch die notwendige Beförderung des Pflegebedürftigen von der Wohnung zur Einrichtung der Tages- oder Nachtpflege und zurück. Außerdem übernimmt die Pflegeversicherung in teilstationären Pflegeeinrichtungen die Kosten von zusätzlichen Betreuungskräften für die zusätzliche Betreuung und Aktivierung der Pflegebedürftigen. Neben der Tages- und Nachtpflege können die Ansprüche auf ambulante Pflegesachleistungen und/oder Pflegegeld ohne Kürzungen in vollem Umfang in Anspruch genommen werden.
Viele Pflegebedürftige sind nur für eine begrenzte Zeit auf vollstationäre Pflege angewiesen, insbesondere bei der Bewältigung von Krisensituationen in der häuslichen Pflege oder übergangsweise im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt. Für sie gibt es die Kurzzeitpflege in entsprechenden zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtungen. Als Leistung der Pflegeversicherung kann die Kurzzeitpflege ab dem Pflegegrad 2 insbesondere dann in Anspruch genommen werden, wenn die häusliche Pflege zeitweise nicht, noch nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden kann.
Liegt keine Pflegebedürftigkeit vor oder ist keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des SGB XI festgestellt, gibt es unter bestimmten Voraussetzungen die Kurzzeitpflege als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 39 c SGB V)
Die Leistungen der Pflegeversicherung für die Kurzzeitpflege unterscheiden sich betragsmäßig nicht nach Pflegegraden. Die Höhe der Leistung beträgt bis zu 1.612 € für bis zu acht Wochen pro Kalenderjahr. Pflegebedürftige Personen mit dem Pflegegrad 1 können den Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 € pro Monat, also bis zu 1.500 € pro Jahr einsetzen, um Leistungen der Kurzzeitpflege in Anspruch zu nehmen. Im Kalenderjahr noch nicht in Anspruch genommene Mittel der Verhinderungspflege können auch für Leistungen der Kurzzeitpflege eingesetzt werden. Dadurch kann der Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege auf insgesamt bis zu 3.244 € im Kalenderjahr sich erhöhen.
Die Pflegeversicherung zahlt bei vollstationärer Pflege pauschale Leistungen für pflegebedingte Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege im Pflegeheim. Wählen Pflegebedürftige des Pflegegrad 1 vollstationäre Pflege, gewährt Ihnen die Pflegeversicherung ein Zuschuss in Höhe von 125 € monatlich
Pflegebedürftigkeit
Leistungen pro Monat
Reicht die Leistung der Pflegeversicherung nicht aus, um die pflegebedingten Aufwendungen der vollstationären Pflege abzudecken, ist von der pflegebedürftigen Person ein Eigenanteil zu zahlen. Dieser war vor dem 1. Januar 2017 mit zunehmender Pflegebedürftigkeit überproportional gestiegen. Seit dem 1. Januar 2017 gilt in jeder vollstationären Pflegeeinrichtung ein einrichtungseinheitlicher Eigenanteil für die Pflegegrade 2 - 5. d.h., Betroffene mit Pflegegrad 4 zahlen für die Pflege genauso viel zu wie Betroffene mit im Pflegegrad 2.
Zusätzlich fallen jedoch stets weitere Kosten an. Hierzu zählen die Kosten für die Unterbringung und Verpflegung sowie gegebenenfalls gesondert berechenbare Investitionskosten. Bei den Letzteren handelt es sich um Ausgaben des Betreibers für Anschaffungen, Gebäudemiete und ähnliches, die auf die Pflegebedürftigen umgelegt werden können.
Sofern durch häusliche Krankenpflege ein Krankenhausaufenthalt vermieden oder verkürzt werden kann oder wenn ein Krankenhausaufenthalt aus bestimmten Gründen nicht möglich ist, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten je Krankheitsfall für einen Zeitraum von bis zu vier Wochen - in begründeten Ausnahmefällen auch länger. Die häusliche Krankenpflege umfasst in der Regel die Grund- und Behandlungspflege. Häusliche Krankenpflege in Form von Behandlungspflege wird auch dann erbracht, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Die Krankenkasse kann zusätzlich zur leistenden Grundpflege die hauswirtschaftliche Versorgung vorsehen und deren Umfang und Dauer bestimmen. Voraussetzung: im Haushalt leben keine Personen, die die Pflege im erforderlichen Umfang übernehmen können.
Anspruch pflegebedürftiger Menschen ohne Pflegeeinstufung oder mit Pflegegrad 1 gibt es in den Fällen, in denen Menschen vorübergehend Pflege benötigen, ohne dass eine Pflegebedürftigkeit im Sinne der Pflegeversicherung vorliegt, zum Beispiel nach einer Operation oder aufgrund einer akuten schwerwiegenden Erkrankung. Früher hatten Patienten hierbei keinen Anspruch auf gesetzliche Leistungen. Diese Versorgungslücke hat das Krankenhaus-Strukturgesetz mit der sogenannten Anschlussversorgung nach Krankenhausaufenthalten geschlossen. Es wurde ein neuer Anspruch auf Kurzzeitpflege als Leistung der Krankenkasse eingeführt. Versicherte haben für einen Zeitraum von bis zu vier Wochen Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung im Rahmen der häuslichen Krankenpflege sowie auf eine Haushaltshilfe. Befinden sich Kinder im Haushalt, die bei Beginn der Leistung jünger als zwölf Jahre oder behindert und auf Hilfe angewiesen sind, kann die Haushaltshilfe auf bis zu 46 Wochen verlängert werden. Die Krankenkasse beteiligt sich an den Kosten bis zu einem Betrag von jährlich 1.612 €. Voraussetzung ist, dass keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2,3, 4 oder 5 im Sinne des SGB XI festgestellt ist.
Es wird gezahlt, wenn die Pflege selbst sichergestellt wird-zum Beispiel, wenn sie durch Angehörige erfolgt. Das Pflegegeld wird nicht direkt an die Pflegeperson gezahlt, sondern an den Pflegebedürftigen. Sie kann das Geld als finanzielle Anerkennung an pflegende Angehörige weitergeben.
Eine Pflegeperson im Sinne der Pflegeversicherung ist eine Person, die eine Pflegebedürftige nicht erwerbsmäßig in ihrer häuslichen Umgebung pflegt. Seit dem 1. Januar 2017 gilt: wer eine oder mehrere pflegebedürftige Personen des Pflegegrades 2 bis 5 in ihrer häuslichen Umgebung nicht erwerbsmäßig für wenigstens 10 Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, pflegt, hat als Pflegeperson Anspruch auf Leistungen zur sozialen Sicherung. Hierbei handelt es sich um Leistungen im Bezug auf Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung.
Die Pflegeversicherung zahlt für Pflegeperson Beiträge zur Rentenversicherung, wenn die Pflegeperson regelmäßig nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Die Beiträge werden bis zum Bezug einer Vollrente wegen Alters- und Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt. Auch bei Bezug einer Teilrente können Beiträge gezahlt werden. Die Höhe der Beiträge richtet sich dabei nach dem Pflegegrad sowie der bezogenen Leistungsart.
Die Pflegekasse zahlt Rentenversicherungsbeiträge zwischen 115,66€ und 611,94 € monatlich. Die Pflegepersonen werden so gestellt, als würden sie ein Arbeitsentgelt zwischen 621,81€ und 3.290 € monatlich bzw. zwischen 588,74 und 3.115,00 € monatlich erhalten.
Als Pflegeperson ist man zudem beitragsfrei gesetzlich unfallversichert. Erfasst sind dabei die Tätigkeiten, die auch in der Pflegeversicherung selbst als pflegerische Maßnahmen berücksichtigt werden, sowie Hilfen bei der Haushaltsführung. Ebenso besteht Unfallversicherungsschutz auf dem direkten Hin- und Rückweg zum Ort der Pflegebedürftigkeit